照片 © Ralph Feiner, Malans
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建筑师:Horváth Pablo
位置:Sandstrasse 50, 7000 Chur, 瑞士
年份:2020
客户:Feuerbestattungsverein Chur
KONZEPT UND MASSNAHMEN DER RESTAURIERUNG Der Feuerbestattungsverein Chur ist im März 2019 mit dem Wunsch an mich herangetreten, ein Konzept für die anstehende Erneuerung des Churer Krematoriums zu erarbeiten. Die architektonische Herausforderung bestand darin, das baukulturelle Erbe mit den zeitgemässen Nutzungsanforderungen in Einklang zu bringen. Unser Ziel war es, den Bau in seinen sakral anmutenden Urzustand zurückzuführen und so den Abdankungsfeiern wieder einen würdigen Rahmen zu geben.
Zu Beginn klärten wir ab, welche Bauteile und Oberflächen sich noch im originalen Zustand von 1922 befinden – und welche nicht. Im Staatsarchiv, im Stadtarchiv Chur sowie in den Beständen des Feuerbestattungsvereins stiessen wir auf reiches Skizzen- und Planmaterial des Architekten Nicolaus Hartmann jun. und seines Bauleiters Otto Manz. Weitere wichtige Erkenntnisse lieferte die Voruntersuchung des Restaurators Ivano Rampa. Mit diesen Grundlagen und den Nutzungswünschen der Bauherrschaft entwickelten wir ein Instandsetzungskonzept mit dezidiert denkmalpflegerischer Ausrichtung. Ein einfacher Restaurierungsgrundsatz fand beim Vorstand des Feuerbestattungsvereins Zustimmung: möglichst viel des originalen Bestandes erhalten, punktuell rekonstruieren und, wo nötig, mit zeitgemässen Ergänzungen bereichern. Während der etwa sechsmonatigen Restaurierungsphase stellte sich heraus, dass dieser Leitgedanke für alle Entscheide eine tragfähige Basis darstellte. Die Eingriffe waren klein, aber fein.
Die sehr angenehme Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft, vertreten durch Alex Jost, und das hoch qualifizierte und motivierte Planer- und Handwerkerteams haben massgeblich zum guten Gelingen dieses Restaurierungsprojekts beigetragen.
REINIGEN, INSTANDSTELLEN, REKONSTRUIEREN Die Aussenhülle des fast hundertjährigen Gebäudes war bis auf ein paar Risse, die leicht gefüllt wurden konnten, unversehrt und bedurfte keiner Überholung. Das steinerne Gewände des Eingangsportals und die Aussentreppe wurden lediglich gereinigt und, wo nötig, kleinflächig ausgebessert. Auch das Innere befand sich allgemein in einem guten Zustand. Beim hölzernen Interieur der Abdankungshalle haben wir uns denn auch aufs Wesentliche beschränkt. Die Untersicht der kleeblattförmigen Decke wurde trocken, die Brüstung der Orgelempore nass gereinigt. Die Angehörigenbänke um den Katafalk sowie die Bänke auf der Galerie hat man angeschliffen und mit Schmierseife aufgefrischt. Auch der Boden aus Solnhofener-Kalkstein-Platten bedurfte lediglich einer gründlichen Reinigung und partieller Reparaturen, ebenso sämtliche Türen inkl. der noch vorhandenen Schlösser; nachträglich ersetzte Türfallen liessen wir dem Original entsprechend rekonstruieren. Von der bauzeitlichen Bestuhlung – Einzelstühlen aus Holz mit hoher Rückenlehne und einer Sitzfläche aus Flechtwerk – war noch rund die Hälfte erhalten. Statt dieses bewegliche Mobiliar, wie das üblicherweise geschieht, komplett zu ersetzen, erachteten wir es im Hinblick auf die räumliche Gesamtwirkung aber auch aus ökologischen Gründen als sinnvoller, den historischen Bestand zu restaurieren und mit originalgetreu rekonstruierten neuen Exemplaren (70 Stück) zu ergänzen.
ORIGINALES WANDBILD VON GIOVANNI GIACOMETTI Das 1929 entstandene Wandbild von Giovanni Giacometti in der Nische der Abschlusswand wurde vom Restaurator minutiös untersucht, wobei keinerlei Übermalungen festgestellt werden konnten. Aufgrund des guten, ja sehr guten Konservierungszustandes konnte man sich auch hier auf ein blosses Reinigen beschränken; dies geschah in zwei Schritten, zuerst mit Staubsauger und Pinsel, danach mit einem Trockenschwamm aus Silikon.
HELLES ZIEGELROT UND LICHTES OCKER Nicolaus Hartmann jun. hatte den kleinen Vorraum des Krematoriums in lichtem Ocker und den grossen Andachtsraum in einem hellen Ziegelrot gestaltet; der rötliche Anstrich mit Mineralfarben stand in harmonischem Zusammenspiel mit dem naturbelassenen Holzwerk von Decke, Empore und Mobiliar. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts erfolgten mehrere Renovationen, die zu augenfälligen Veränderungen führten. Die farbliche Akzentuierung der Abdankungshalle fiel dem Zeitgeist der Sechzigerjahre zum Opfer, der Raum mittels eines weissen Anstrichs purifiziert; neue technische Einbauten wie Heizkörper, Lautsprecher und Leuchten wirkten sich negativ auf die Atmosphäre der Halle aus.
Die Bauherrschaft liess sich überzeugen, die nachträglichen Dispersions-Anstriche mit einem biologisch abbaubaren Abbeizmittel entfernen zu lassen und den Neuanstrich wieder mit einer atmungsaktiven, lebendigen Kalk-Kaseinfarbe in den Originalfarben auszuführen. Der Neuanstrich sollte leicht und etwas wolkig wirken und eine optische Tiefe aufweisen. Kalkfarbe lässt als einziges Anstrichmittel das Licht tief in die Farbschichten dringen, was den Farbton samtig weich erscheinen lässt. So erstrahlt der Andachtsraum heute wieder in hell-ziegelroten Farbtönen unterschiedlicher Schattierungen: die Nischen von Orgel- und Wandbild sind dunkler und die Fensterlaibungen wiederum heller als die Wände. Die ursprüngliche Farbigkeit der Decke im Vorraum liess sich nicht eindeutig ermitteln. Der fehlende Befund zwang zu einem gestalterischen Entscheid. Wir beschlossen, den lichten Ockerton der Wände auch auf die Decke zu übertragen und den kleinen Vorraum so als leuchtende Box zu inszenieren. Die spannende räumliche Abfolge vom engen Vorraum zu dem etwas erhöhten und grosszügigen Andachtsraum erfährt durch die differenzierte Farbgebung eine zusätzliche Stärkung.
LICHTGESTALTUNG Von den bauzeitlichen Leuchtkörpern war nur die Hängeleuchte über dem Katafalk erhalten geblieben. Aufgrund dieser fragmentarischen Situation entwickelten wir ein neues Lichtkonzept mit dem Ziel einer differenzierten Raumausleuchtung, die Abstimmungen auf die Trauerzeremonie erlaubt. Die nachträglich angebrachten Wandlampen wurden entfernt, um die Wände dem originalen Zustand entsprechend frei zu halten, und die sekundären Kronleuchter durch neue Massanfertigungen ersetzt. Anhand historischer Bildquellen gelang es, die nicht mehr vorhandenen «Lichtblüten», welche einst die Obelisken des Katafalks zierten, zu rekonstruieren. Heute kommt diesen kleinen Leuchten eine vorwiegend gestalterische Bedeutung zu. Anders, als in den ersten Betriebsjahren, lassen sich die Lämpchen nicht dimmen. Auf die ursprüngliche Lichtinszenierung, die ein allmähliches Verlöschen der Lichter beim Absenken des Sarges vorsah, hat man bewusst verzichtet.
MULTIFUNKTIONALE HEIZKÖRPERVERKLEIDUNGEN Die sich den Wandflächen entlang ziehenden Heizkörper aus den Sechzigerjahren verstellten den Mauersockel und verunklärten den Raum; auch waren sie verantwortlich für unschöne grauen Verfärbungen an den Wänden. Eine erste Idee bestand darin, die Radiatoren durch Konvektoren in Form von Rippenrohren zu ersetzen. Dann stiessen wir bei unseren Recherchen auf Planskizzen Hartmanns, die in den Fensterachsen Heizkörperverkleidungen ausweisen. Dies brachte uns dazu, neue multifunktionale Holzkästen zu entwerfen, welche die Heizung, die Elektroinstallationen und die Lautsprecher an insgesamt vier Orten konzentrieren. Um die Raumwirkung dieser prägnanten «Möbel» auszuloten, erstellten wir 1:1-Modelle mit verschiedenen Holzmustern. Bei der plastischen Umsetzung wurde den Details der einzelnen Holzverbindungen und somit dem Bauhandwerk grosse Aufmerksamkeit geschenkt.
KLEINMOBILIAR Der Handlauf im Vorraum und der Schirmständer muteten rustikal an und stammten nicht aus der Entstehungszeit, weshalb man sie durch schlichte, zeitgenössische Entwürfe ersetzt hat. Auch der Opferstock und der Kondolenzkartenhalter sind zeitgemässe Interpretationen. Alles diese Schlosserarbeiten sind in Schwarzmetall ausgeführt.
DACHSTOCKBEWOHNER BESTIMMEN DAS TERMINPROGRAMM Der Dachstock des Krematoriums wird von einer Wochenstubenkolonie der Kleinen Hufeisennase bewohnt. Diese Fledermausart gilt als hoch gefährdet und ist daher schweizweit maximal geschützt. Das wirkte sich auf die Terminierung der Restaurierungsarbeiten aus, mit denen im Januar 2020 begonnen wurde. Die Bauinstallationen mussten bis Ende Februar, also noch bevor die Fledermäuse wieder in den Dachstock einziehen, abgeschlossen sein.
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